MOFF Ausgabe 10

2/2014

Mes amis, mes amies

Die Künstlerin Dorrit Nebe lädt zweimal jährlich zu Ausstellungen in ihr Kölner Atelier ein.
Hierfür räumt sie ihren Arbeitsraum und stellt ihr Atelier zur Verfügung. Für jeweils zehn
Tage installiert der eingeladene Künstler seine eigene Kunstsammlung in dem 30 qm
großen Ladenlokal. Gesammelte Werke anderer Künstler, die getauscht, geschenkt oder
auch käuflich erworben wurden, werden zur Ausstellung zusammengestellt und präsentiert.

mes amis, mes amies Künstlersammlungen - Sammlung Matthias Beckmann, September 2011 - Foto: Dorrit Nebe

MOFF: Du lädst einen Künstler ein, seine eigene Kunstsammlung zu zeigen. Das zeigt in einer weiteren Dimension womit dieser Künstler sich beschäftigt und umgibt, ohne eigene Arbeiten zu zeigen.

DORRIT NEBE: Ja, meistens handelt es sich hierbei um eine andere, persönlichere Art des Sammelns. Die Sammlung ist bei den Künstlern oft aus dem Leben und den Kontakten zu Künstlerkollegen heraus entstanden. Die ersten Arbeiten hat man z.B. von der Kunstakademie von Mitstudenten, mit denen man damals getauscht hat. Manchmal sind auch kleine Notizblätter oder Ähnliches darunter, auf deren Rückseite eine kleine Zeichnung von einem Freund ist – so in der Art. Wenn dann in Vorbereitung auf die Ausstellung gesucht wird, tauchen solche Dinge wieder auf. Andererseits haben manche Künstler auch Arbeiten von sehr berühmten Leuten in ihrer Sammlung - in Galerien Gekauftes oder etwas bei Ebay Ersteigertes kann dabei sein – das ist ganz unterschiedlich. Jede Sammlung ist wieder völlig anders.

MOFF: Und wie lange ist dann die Ausstellung hier geöffnet?

DN: Es sind immer nur zehn Tage, weil ich so lange auf mein Atelier verzichten muss. Mit Aufbau, Abbau und so weiter sind es doch immer zwei bis drei Wochen, die ich nicht arbeiten kann. Die Ausstellungen dauern immer über zwei Wochenenden und die Woche dazwischen - eigentlich reicht das aus.

MOFF: Wie kamst du auf den Titel?

DN: Ich fand, dass er schön klingt und das Prinzip der Ausstellungsreihe trifft. Es sind meine Freunde und meine Freundinnen, die ich einlade, ihre Sammlungen zu zeigen, und deren Sammlungen beinhalten wieder die Arbeiten ihrer Freunde und Freundinnen!

MOFF: Aus welchem Bedürfnis heraus ist das Projekt entstanden? Es ist dann alles anders als sonst, die Schaufenster werden nach außen hin transparent, der Raum wird geöffnet, jemand anderes zieht ein. Das heißt, du ziehst dich komplett zurück und gibst diesen Raum frei. Was macht das mit dir?

DN: Ich habe auch vorher schon viele Austauschprojekte mit anderen Künstlern gemacht : z.B. mit Künstlern aus Korea, China, Chile, Istanbul... Das hat mir immer Spaß gemacht im Ausgleich zur eigenen Arbeit als Künstlerin im Atelier. Ich finde es schön, hin und wieder mit anderen Leuten etwas gemeinsam zu machen. Die Idee für dieses Projekt entstand mit dem Umzug in diesen Atelierraum mit großem Schaufenster und dadurch mit der Möglichkeit den Raum zu öffnen und Leute von draußen hereinschauen zu lassen. Ich wollte hier hin und wieder Ausstellungen zeigen, die aber auf keinen Fall kommerziell sein sollten. Da ich selbst eine große Sammlung habe – vorwiegend getauscht mit anderen Künstlern - kam ich auf die Idee dieser Ausstellungsreihe, die ich auch als mein Kunstprojekt oder als „kommunikatives Kunstwerk“ bezeichne.

MOFF: Hast du denn deine eigene Sammlung auch schon mal gezeigt?

DN: Nein, das wird vielleicht die letzte Ausstellung des Projekts werden. Selbstverständlich möchte ich noch lange mit diesem Projekt weitermachen, aber wenn ich irgendwann aufhören sollte, dann könnte die letzte Ausstellung meine eigene Sammlung zeigen. Meine Sammlung wächst, gerade auch durch dieses Projekt und den intensiven Austausch mit den beteiligten Künstlern, weiter.

MOFF: Es geht dir auf jeden Fall um eine persönliche Art des Sammelns, oder?

DN: Bei den Ausstellungseröffnungen führen die Künstler selbst in ihre Sammlung ein, indem sie unter anderem die Geschichten erzählen, wie sie zu den einzelnen Arbeiten gekommen sind. Rainer Barzen hat hier eine große Arbeit von Rune Mields gezeigt. Die Faszination, die diese Arbeit auf ihn ausgeübt hatte, als er sie vor langer Zeit in einer Ausstellung bewunderte, bestärkte ihn damals, Künstler zu werden. Viel später lernte er Rune Mields persönlich kennen und erzählte ihr, welchen Einfluss ihre Arbeit damals auf ihn hatte. Darauf hin schenkte Rune Mields ihm dieses Bild. Solche interessanten Geschichten stecken manchmal hinter einer Künstlersammlung!

MOFF: Das heißt, eigentlich zeigst du, wie Künstler sammeln und wie Künstler auch ihre Sammlung präsentieren.

DN: Für mich ist das Kriterium der Künstler, den ich frage (oder von dem ich gefragt werde), ob er diese Ausstellung machen möchte - ohne genau zu wissen was kommt. Ich räume meinen Atelierraum leer – darin habe ich inzwischen Routine - und überlasse ihn den ausstellenden Künstlern. Die Künstler bekommen den Schlüssel und sind mehr oder weniger selbst für die Ausstellung und den Aufbau verantwortlich. Manchmal helfe ich mit, manchmal nicht - ganz nach Wunsch.

MOFF: Der Raum wird okkupiert und jedes Mal auch wirklich deutlich anders in seiner Gestalt. Beeinflusst dich das in deinem anschließenden Arbeiten?

DN: Es beeinflusst mich insofern als ich alles leer räume, in Kisten packe, aufräume usw. Wenn ich dann meinen Raum hier wieder neu besetze, fängt manchmal für mich ein neuer Abschnitt an – ein befreiter Blick auf meine eigene Arbeit.

„mes amis, mes amies“ Künstlersammlungen

www.mesamis-mesamies.de